Ich möchte diesen Text einem wertvollen Gemüse widmen, das offensichtlich in der Schweiz in seiner vielfältigen Verwendungsweise nicht bekannt und unterschätzt ist.
Darauf komme ich, weil ich kürzlich in einer Firma der Lebensmittelindustrie einen Workshop geleitet habe, in dem ich die japanische Verwendungsweise von Tofu vorstellen konnte. Dabei habe ich verschiedene japanische Gerichte mit Tofu zubereitet und zum Probieren gegeben. Tofu ist in Japan nicht nur dem Vegetarier vorbehalten, er ist dort so verbreitet wie bei uns der Käse. Und schmeckt auch viel besser als bei uns. Das grösste Erstaunen und Begeisterung bei diesem Workshop hat jedoch nicht der Tofu ausgelöst, sondern der im Sud gekochte Rettich!
Bei uns findet er anscheinend hauptsächlich im Salat Verwendung. Rettich ist aber auch gekocht sehr fein! In Japan wird er oft in dicken Scheiben im typischen Fischsud und ein wenig Sojasauce gekocht und ziehen gelassen. Bei uns könnte er aber auch sehr gut in einen Topf Siedfleisch vom Rind passen.
Als Bratgemüse kann man ihn in dünnen Scheiben oder kleinen Stiften braten, er ist eine Bereicherung für Suppen und Eintöpfe, man kann ihn auch dezent gewürzt kochen und danach mit einer Sosse servieren. Je nach Schnittgrösse entfaltet er einen anderen Charakter im Gericht. Jedenfalls gibt es unzählige Verwendungsmöglichkeiten als Gemüse, die eine Entdeckung wert sind.
Er wird auch in Japan roh verzehrt. Für den traditionellen japanischen Rettichsalat wird Rettich und Karotten fein geraspelt, das lässt man mit Reisessig, Zucker, ein zwei Chilischoten und einer Prise Salz in einer Schüssel ziehen. Mit der Apfelreibe geriebener Rettich ergibt ein Rettichmus, das eine Zutat eines erfrischenden Dips sein kann. Es passt auch bestens als Beilage zu Grilliertem und Frittiertem, in der Art wie Kräuterbutter zum Beispiel.
Für die Lagerung wird Rettich in Japan getrocknet. Meist wird er dazu in dünne lange Streifen geschnitten und an der Sonne getrocknet. Beim Zubereiten legt man ihn zuerst in Wasser ein, kocht ihn dann mit Sud auf und lässt ihn auf dem Feuer bis der Sud fast ganz eingekocht ist. Der Rettich hat durch das Trocknen seinen Geschmack verändert. So zubereitet hat er einen säuerlichen Geschmack, der ein bisschen an Sauerkraut erinnert.
„Takuan“ ist eingelegter Rettich. Rettich wird in ganzen Stücken erst an der Luft gelassen, damit er etwas an Wasser und Festigkeit verliert, dann in grosser Anzahl in einen Bottich gelegt und eingesalzen, später kommt noch Reiskleie hinzu. Dort kann er sehr lange aufbewahrt werden und entwickelt einen eigentümlichen rässen Geschmack. Nach ein bis zwei Monaten kann man bereits anfangen davon zu essen, er hält sich aber länger als ein Jahr.
Ob dick oder dünn, kleingeschnitten oder in Mocken, gebraten oder gekocht, roh oder eingesalzen, getrocknet oder frisch, im Eintopf oder in der Suppe, Rettich ist für mich eines der vielseitigsten Gemüse überhaupt, schmeckt immer wieder anders und immer wieder köstlich. Rettich ist auch überaus gesund und ist eine Bereicherung unserer alltäglichen Küche.
Manche hier erwähnten Verwendungsweisen lassen sich zu Hause nicht einfach nachmachen und benötigen wohl den kulturellen Hintergrund, aber bei uns scheint nicht einmal bekannt zu sein, dass man Rettich auch gekocht gut verwenden kann. Ich bin begeistert von dem Gemüse und hoffe, ich konnte Sie auf neue Ideen bringen. Probieren Sie es aus!